Hirams Mörder
mp3-Version: Hirams Mörder - Doktrin und Ziele der Mysterienschulen (Teil I)
Wir werden uns hier mit der Legende des Freimaurerpatronen Hiram Abiff beschäftigen bzw. anhand dieser eine Schlussfolgerung bezüglich der Denkweise und der Ziele der Mysterienschulen ziehen, von denen die Freimaurerei nur eine von vielen ist.
Die Person des Hirams stammt ursprünglich aus der Bibel (erstes Buch der Könige und zweites Buch der Chroniken). Dort ist allerdings die Rede von Hiram, König von Tyrus (961-936 v.Chr.) und nicht von Hiram Abiff. Abgesehen davon, dass der biblische Hiram am Bau von Salomons Tempel beteiligt war, interessiert er in diesem Zusammenhang nicht. In der biblischen Geschichte kehrt Hiram wieder in sein Heimatland zurück, in der Freimaurerlegende wird er heimtückisch ermordet, was dem Charakter aus einer bestimmten Sicht erst seine Bedeutung verleiht. Der Freimaurer A.E. Waite schreibt hierzu:
"Die Legende des Meister-Bauherren ist die große Allegorie der (Frei-)Maurerei. Es ist so, dass seine figurative Geschichte auf dem Fakt einer Persönlichkeit, die in der heiligen Schrift erwähnt wird, begründet ist, aber sein historischer Hintergrund ist eher Zufall und nicht die Essenz; die Signifikanz ist in der Allegorie und nicht in dem historischem Punkt, der vielleicht dahinter liegt." (New Encyclopedia of Freemasonry)
Sehen wir uns also zunächst diese Allegorie an. Sie geht in etwa so:
Hiram Abiff, der Meister-Bauherr teilte seine Arbeiter in drei Gruppen auf, und zwar in Lehrlinge, Gesellen und (Meister-)Maurer (nebenbei die Namen der ersten drei oder blauen Freimaurergraden). Jeder dieser Untergruppen wurden bestimmte Passwörter und Erkennungszeichen gegeben. Um an das Passwort des Meistergrades zu gelangen, entschlossen sich drei Gesellen mit Namen Jubela, Jubelo und Jubelum, Hiram zur Herausgabe des Passwortes für den Meistergrad zu zwingen. Sie lauerten ihm auf und als er sich weigerte, ihnen das Passwort zu übergeben, fügten sie ihm drei tödliche Wunden zu. Jubela schnitt ihm mit seinem Lineal (auf Englisch rule -- Regel) die Kehle durch, woraufhin Jubelo Hiram mit einem Winkelmaß auf die Brust schlug (wodurch er am Herzen verwundet wurde). Als er das Wort noch immer nicht enthüllen wollte, schlug ihm Jubelum mit seinem Hammer auf den Schädel, wodurch Hiram schließlich tot umfiel.
Hirams Körper wurde von den drei Mördern auf der Kuppe des Berges Morija begraben und sie legten einen Akazienzweig auf sein Grab. Sie wollten sich der Strafe entziehen und versuchten zu fliehen, aber das Tor war geschlossen, welches nach Äthiopien führte. Am Ende bekannten sie ihre Schuld und wurden hingerichtet. Als das Grab von Hiram durch den immergrünen Zweig entdeckt wurde, versuchten einige Lehrlinge und Gesellen ihn zum Leben zu erwecken, aber schafften es nicht. Schließlich wurde er von einem Meistermaurer durch den "festen Griff einer Löwenpfote" auferweckt.
In dieser kurzen Abhandlung habe ich einige Details weggelassen, die zwar ebenfalls symbolische Bedeutung haben, hier aber nicht von allzu großer Wichtigkeit sind. Das hier soll keine vollständige Analyse der Legende sein, sondern lediglich eine äußerst wichtige Aussage, die hierin versteckt ist, herausstellen.
Wer sind also die drei Mörder von Hiram, bzw. die drei Schlingel, wie sie auch von Freimaurern genannt werden? Wenn man Bücher von Freimaurern und Autoren verwandter Geheimgesellschaften liest, stößt man häufig auf diese drei Mörder, Schlingel oder Feinde eines Adepten. Sie haben im Grunde immer die gleiche Bedeutung, denn sie stehen für: den Staat (=Regierung/bestehende Ordnung), die Kirche (=Religion/Theismus) und den 'Pöbel' (=die Masse/die generelle 'profane' Bevölkerung).
Hiram wird tödlich an der Brust (am Herzen) und am Kopf verletzt und ihm wird die Kehle zertrennt.
Der Staat zertrennt dem Meister oder dem Adepten die Kehle mit seinem Lineal (seinen Regeln[rule]) und macht ihn damit 'mundtot'.
Die Kirche verletzt sein Herz mit ihrem Winkelmaß, also ihrer profanen Spiritualität (Winkelmaß und Kompass) und hindert ihn daran, die Erleuchtung zu erlangen.
Der Pöbel versetzt ihm mit seiner 'grenzenlosen Dummheit' den Todesstoß, indem er seinen Kopf, in dem sein Geist, sein Intellekt liegt, zerschmettert.
Zum Schluss wird Hiram, der ermordete Baumeister des Tempels, von einem Meistermaurer durch den 'festen Griff einer Löwenpfote' auferweckt, und zwar nachdem seine drei Mörder exekutiert wurden. Die Aufgabe eines jeden Adepten ist es also, bei der Abschaffung des Staates, der Kirche und des Pöbels mitzuwirken, um den Bau des Tempels von Salomon fertig zu stellen. Bevor wir uns nur ein paar wenigen von unzähligen Belegen für meine Behauptungen zuwenden, sollten wir zunächst klären, was es mit dem 'Bau des Tempels von Salomon' auf sich hat.
Die Freimaurerei soll hier nur repräsentativ für alle Geheimgesellschaften dieser Art stehen, die alle mehr oder weniger offen auf der babylonischen Mysterienreligion basieren und von revolutionärem Charakter sind.
In der Freimaurerei werden Menschen im allgemeinen als rauhe oder ungeschliffene Steine bezeichnet und durch den Einweihungsprozess und auf dem Weg zur Erleuchtung soll dieser Stein geschliffen werden, bis er irgendwann 'perfekt' und somit für den Bau des Tempels geeignet ist. Hier wird also schon deutlich, dass mit Salomons Tempel, zumindest im esoterischen (versteckten) Sinne, kein physisches Gebäude gemeint ist, auch wenn der Tempel manchmal auch einfach nur das 'Gebäude' oder das 'große Gebäude' ('the Great Building') genannt wird.
Zunächst sollte noch geklärt werden, dass Allegorien und Metaphern dieser Art (meiner Meinung nach) immer mindestens auf drei verschiedene Arten interpretiert werden können:
1. die offensichtliche oder exoterische Bedeutung, in der alles wörtlich genommen wird.
2. die symbolische individuelle Bedeutung, also die Bedeutung, die sich auf das jeweilige Individuum bezieht (meistens der scheinbare 'Schlüssel zur Erleuchtung').
3. die wahre universelle Bedeutung für die Adepten (meistens 'politischen' Charakters).
Auf Salomons Tempel bezogen sähen die jeweiligen Interpretationen also in etwa so aus:
1. Es handelt sich um einen tatsächlichen Tempel, der erbaut werden soll, nach dem Vorbild des Tempels Salomons oder um die Wiederaufrichtung desselben.
2. Der Tempel steht repräsentativ für den Menschen bzw. seine Seele und wird auf dem 'Pfad der Erleuchtung' erbaut. Wenn der 'Tempel fertig errichtet' wurde, ist das Individuum 'erleuchtet'.
3. Der Tempel steht repräsentativ für das 'große Werk', welches es für den Meister oder den Adepten zu vollenden gilt.
Um das große Werk aber zu vollenden, müssen zuerst die 'drei Mörder' hingerichtet, d.h. abgeschafft werden. Wie ich bereits sagte, stehen die drei Mörder für den Staat, die Kirche und den Pöbel oder die Masse. Diese drei müssen also beseitigt werden, damit das große Werk zu Ende gebracht werden kann.
Was das große Werk ist, kann schnell zusammengefasst werden, besonders, wenn man 'den Schlüssel' zu Allegorien dieser Art hat, den Sie jetzt besitzen. (Wer eine bildliche Version des großen Werks haben will, sehe sich die Rückseite des Siegels der vereinigten Staaten an. Salomons Tempel war zwar selbstverständlich keine Pyramide, gemeint ist aber das gleiche.)
Das große Werk ist ein Weltsystem, das von den Meistern oder den 'Großen Philosophen' regiert wird, mit einer einheitlichen Weltreligion und einem Volk aus Erleuchteten. Andere Bezeichnungen für das große Werk sind: das neue (goldene) Zeitalter (the New Age/ the golden New Era), das neue Millenium, das neue Atlantis, das Wassermannzeitalter (Age of Aquarius), Novus Ordo Seclorum, die Neue Weltordnung, die perfekte Regierung, der Philosophische Staat etc. etc. Welche Form der Regierung es dort geben wird, verrät uns u.a. Manly P. Hall, 33° und bedeutendster Freimaurerphilosoph des 20.Jahrhunderts:
"Es gab eine Zeit, das goldene Zeitalter, in dem Wissen und Wahrheit die Erde regierten, und diese Aristokratie des Wissens war eine angenehme Tyrannei, in der Menschen in einen nobleren Seinszustand geführt wurden, von der sicheren und freundlichen Hand der erleuchteten Weisen. Dies war die göttliche Dynastie der mythologischen Priesterkönige, die qualifiziert waren, die Menscheit durch Tugend zu regieren, nicht nur mit weltlichen, sondern göttlichen Eigenschaften. Durch seine Priester, beherrschte Osiris, repräsentativ für die verborgene Tradition, die gesamte Welt durch Tugend der Perfektion, die dieser Tradition innewohnte." - [Freemasonry of the Ancient Egyptians]
"Hier (in Memphis) regierten die Eingeweihten ihre Schule nach göttlichen und universellen Gesetzen. Memphis war die Urform der Welt-Stadt, die Einheit der Nationen, die eine Welt---der Philosophische Staat, welcher kommen wird." [Masonic Orders of Fraternity]
Um dies zu erreichen, müssen natürlich vorher die bestehenden Staaten und Religionen aufgelöst bzw. miteinander verschmolzen und der 'Pöbel' beseitigt werden (die Leute, die nicht bereit für die 'Erleuchtung' sind, mit anderen Worten, jeder, der nicht bereit ist, seine Souveränität und seine Religion aufzugeben).
Um noch einmal auf die drei Schlingel zurückzukommen:
Die geiche Interpretation der Hiramslegende ist auch beim Osirismythos angemessen. Ohne diesen hier ganz auszuführen sei nur zu sagen, dass nachdem Osiris von Typhon und den 72 Verschwörern ermordet wird, sein nicht auffindbarer Phallus (das verlorene Wort) im Nil von drei Fischen verschluckt wird. Hierzu schreibt Hall bestätigend:
"Die 72 Verschwörer repräsentieren die drei zerstörerischen Kräfte, [diese sind] der modernen Freimaurerei als die Mörder des Meistermaurers erhalten. Sie sind Unwissenheit, Aberglaube und Angst, die Zerstörer aller guten Dinge." [Freemasonry of the Ancient Egyptians]
Und in einem anderen seiner Werke enthüllt er für uns, wofür diese drei Begriffe stehen: "Seine (Hirams) drei Mörder waren der Staat, die Kirche und die Masse. [...] die Mörder waren Unwissenheit, Aberglaube und Angst." [The Secret Teachings of all Ages]
Noch nicht gekümmert haben wir uns um die Bezeichung 'das Wort'. Es steht repräsentativ für die Lehre, Logos, die Doktrin. Das Wort wurde von den 'drei Mördern' für immer begraben bzw. von den drei Fischen verschluckt. Die Doktrin und das heilige Wissen wurde also von den profanen an sich genommen und somit verzerrt und beschmutzt. An diesen drei Übeltätern muss sich also gerächt werden.
Hinweise auf die Bedeutung dieser Erzählungen, findet man auch bei anderen Autoren. Albert Pike, 33°, "größter Freimaurer aller Zeiten", Grand Commander des schottischen Ritus über mehrere Jahrzehnte, schreibt in seinem Standardwerk Morals and Dogma:
"Diese Legende (die Legende von Hiram Abiff und von Osiris) [...] lehrte dem Eingeweihten der Mysterien, dass die Herrschaft des Bösen und der Dunkelheit nur temporär ist und dass die des Lichtes und des Guten ewig sein wird."
Was das "Licht und das Gute" und was das "Böse und die Dunkelheit" sind, bleibt hier Interpretationssache. Aber ich bin überzeugt, dass meine Vorstellung dieser Begriffe eine andere ist, als die von Herrn Pike.
Es gibt auch eine historische Figur, die mit der Legende von Hiram Abiff in Verbindung gebracht wird - Jacques De Molay. De Molay, der 22. Großmeister der Tempelritter, wurde 1314 zusammen mit einigen seiner Templerbrüder auf Veranlassung von Papst Clemens V. und König Philip le Bel verbrannt. Auch wenn dies ein historisches Ereignis und keine Allegorie ist, steht der Papst hier repräsentativ für die Kirche, der König für den Staat und die Zeugen, durch deren Aussagen De Molay schließlich verurteilt wurde, für den Pöbel. Diesen drei Übeltätern (besser gesagt dem, was sie repräsentieren) haben alle Anhänger (zumindest die wirklich eingeweihten) der Mysterien Rache geschworen.
Für Mysterienadepten gilt im allgemeinen das Konzept, dass der Zweck die Mittel heiligt. Um dies zu bestätigen, nur ein kleines Beispiel der größten Freimaurerautorität, die es gibt. Pike:
"Es ist nicht wahr, zu sagen, dass 'ein Mensch, wie klein auch immer, nicht für eine andere, egal wie große Mehrheit oder für alle Menschen, geopfert werden darf.' Das ist nicht nur ein Trugschluss, sondern ein höchst gefährlicher. Oft müssen einer und viele Menschen geopfert werden, im gewöhnlichen Sinne des Ausdrucks, für das Interesse der vielen...Das Interesse und auch das Leben eines Menschen muss oft für das Interesse und das Wohl seines Landes geopfert werden."
Solch eine Aussage lässt gut erkennen, dass es keine allzu gewagte Behauptung ist, dass die Eingeweihten etwas so absurd scheinendes geschworen haben, wie 'den Pöbel oder die Masse abzuschaffen'.
Einen guten, aber auch äußerst knappen Überblick über dieses angestrebte 'Utopia' geben einem die 10 Punkte auf den berüchtigten, von Rosenkreuzern errichteten, Georgia Guide Stones.
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